High Intent Micro Moments sind die Brücke zwischen medialem Angebot und digitalem Medienkonsum.
Ich erzähle nichts Neues, wenn ich sage, dass das Internet unseren Medienkonsum verändert hat. Ich behaupte jedoch, dieser Umbruch ist viel gravierender, als den meisten Medienmachern bewusst ist oder zumindest als ihre digitalen Konzepte erkennen lassen. Denn der Medienkonsum – ganz gleich ob gelesen, ferngesehen oder Internet-Content in welchem Format auch immer genossen wird – hat sich vom „Durchblättern und Hängenbleiben“ zur „kontextbezogenen Informationssuche“ gewandelt.
Der Micro Moment: Paradies für Marketer
Das hat schwerwiegende Folgen: Bestimmten früher (und noch heute) beispielsweise Redaktionskonferenzen, welche Themen es ins Heft schafften, entscheidet der Mediennutzer heute situativ. Er will jetzt einen Kuchen backen und braucht das Rezept oder er möchte jetzt einen fachlichen Einstieg zum Thema Blockchain haben – in beiden Fällen wird er wahrscheinlich kaum Fachliteratur kaufen. Er wird es sich schlicht online zusammensuchen und nach Thema und passendem Format auswählen.
Für Marketing-Profis sind diese Momente, in denen ein Mediennutzer etwas Bestimmtes möchte, schon seit einigen Jahren eine Goldgrube. So definierte beispielsweise Google Micro Moments als „Momente der Entscheidung“. Google unterscheidet dabei vier grundsätzliche Bedürfnisse: jemand benötigt eine bestimmte Information, möchte etwas tun, sucht einen Weg oder einen Ort oder möchte etwas kaufen. Gelingt es, genau in diesem Moment, den richtigen Content zur Verfügung zu stellen, wird der Mediennutzer zum Käufer oder zumindest aufmerksam auf ein passendes Angebot. In die Optimierung dieser kontextbezogenen Suchergebnisse stecken Google und Direct-Marketing-Spezialisten viel Aufwand, denn treffsicherer lässt sich eine Zielgruppe kaum erreichen.
Das Micro-Moment-Konzept auf Medien übertragen
Was Google aus der Marketing-Sicht denkt, ist meiner Ansicht nach für Medienmacher hochinteressant. Es beschreibt den perfekten High Intent Micro Moment – genau das, was Publisher brauchen, um digitalisierte Zielgruppen künftig überhaupt noch zu erreichen. Denn Medien werden dann konsumiert, wenn es in den Kontext und in die Situation passt. In diesen Momenten ist das Bedürfnis da, eine bestimmte Information zu bekommen oder ein Problem zu lösen. Der entsprechende Content ist dann vom Nutzer gewollt – high intent.
Warum ist das so wichtig? Weil Nutzer nur dann bereit sind, etwas für den Content zu zahlen. Content muss einen konkreten Nutzwert haben und nicht danach ausgewählt sein, was das Publikum möglicherweise interessieren könnte. Für Letzteres und alles andere – kurzes Entertainment, belanglose Katzenvideos oder Themen, die einem empfohlen werden – gibt es die sozialen Netzwerke und die Portale der Internet-Dienstleister.
Mediennutzer wollen digitale Medien, soviel scheint klar. Doch diese Digitalisierung erweist sich nun für Medienmacher als wahrhaft disruptiv, denn nicht nur der Kanal ist nun ein anderer, sondern die gesamte Art und Weise des Medienkonsums.
Über Jens Gützkow
Jens Gützkow ist Mitbegründer und Geschäftsführer von PressMatrix. 2011 gegründet, unterstützt das Unternehmen Publisher bei der Entwicklung und Umsetzung von digitalen Monetarisierungsmodellen. Bereits zuvor prägten Jens Gützkow und von ihm mitgegründete Start-ups die Evolution digitaler Geschäftsmodelle mit: Schon lange bevor es App Stores gab, beschäftigte er sich mit Mobile Apps. Er brachte eine Videoplattform mit innovativem Umsatzkonzept auf den Weg und unterstützte u. a. das EU Forschungsprojekt „P2P Next“.